PM zum Freispruch im heutigen Prozess

Erneutes Urteil zugunsten des kritischen Protests am 13. Februar in Dresden

Heute, den 07. August, fand in Dresden ein Prozess zu einer Bußgeldsache vom 13. Februar 2015 statt. Bei diesem wurde über eine Protestaktion am Neumarkt zum Zeitpunkt des „stillen Gendenkens“ verhandelt, mit dem Vorwurf der Belästigung der Allgemeinheit und der Störung der öffentlichen Ordnung. Der Prozess endete mit einem, von der Staatsanwaltschaft selbst vorgeschlagenem, Freispruch und untermauert damit die Legitimation der öffentlich vorgetragenen Kritik an der einseitigen „Erinnerungskultur“ Dresdens.

Bei der Protestaktion riefen einige Aktivist*innen zum Zeitpunkt des “stillen Gedenkens” vor der Frauenkirche laut “OMA, OPA UND HANS PETER KEINE OPFER SONDERN TÄTER!”. Mit diesem Ausruf sollte kritisiert werden, dass in der dresdner „Erinnerungskultur“ lediglich der Opfer der Bombardierung Dresdens gedacht wird, diese aber kaum bis gar nicht in den Kontext der NS-Zeit gestellt wird. Dies dient unserer Meinung nach auch dazu, ein positiv konnotiertes neues deutsches Selbstbewusstsein zu schaffen, welches als Grundlage dient, um Deutschlands Interessen in Europa und darüber hinaus durchzusetzen.
Die Verhandlung dauerte nur eine Stunde und es erschienen ca. 30 Interessierte und Pressevertreter*innen. Das Gericht unterschätze scheinbar das öffentliche Interesse am Prozess und so mussten mehr als die Hälfte der Prozessbegleiter*innen vor dem Gerichtssaal warten.
Der Richter begründete sein Urteil mit dem Grundgesetz und verwies auf das Recht der freien politischen Meinungsäußerung. Das kollektive “stille Gedenken” der Stadt Dresden wertete der Richter als politische Demonstration. Wo eine politische Demonstration stattfindet, darf auch eine politische Gegendemonstration oder Meinungsäußerung stattfinden, so der Richter. Der Vorwurf der Belästigung der Allgemeinheit nach §118 OWiG trifft nicht zu, da die Intention dieser Protestaktion nicht die Störung der Anwesenden, sondern eine bewusste Platzierung der Kritik am städtische Gedenken ist.
Der Richter bezog sich bei seinem Urteilsspruch auch auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom August letzten Jahres, in dessen Vorfeld ein ähnlicher Fall zu einer Protestaktion auf dem Heidefriedhof am 13. Februar 2012 verhandelt wurde [1]. Das Bundesverfassungsgericht entschied damals bereits, dass die Gedenkaktionen der Stadt politische Versammlungen sind und für diese das Versammlungsrecht gilt. Ein öffentlicher Gegenprotest muss demnach bei allen öffentlichen Versammlungen möglich sein, ist legitim und nicht als strafbare Störaktion zu bewerten, selbst auf einem Friedhof. Sowohl Anwalt als auch Richter waren sich am Ende der Verhandlung einig, dass das Recht auf Versammlung am 13. Februar überall in Dresden gültig ist und die Entscheidung darüber hoffentlich nicht noch ein weiteres mal fallen müsse. Die Stadt Dresden und deren Bevölkerung muss diese Form des Protestes als legitim anerkennen.

Wir als “Kampagne Aktenzeichen XY – ungehörig!” werten das Urteil, gerade für die Dresdener/Sächsische Justiz, als positiv, wollen allerdings klarstellen, dass neonazistische, eliminatorische oder andere menschenverachtende Einstellungen nicht von der grundgesetzlich verbrieften Meinungs- und Redefreiheit geschützt werden dürfen.

Kampagne Aktenzeichen XY – ungehörig!

[1] https://www.addn.me/antifa/dresdner-gedenkzirkus-erhaelt-juristischen-daempfer/